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Lesung mit Julian Reichelt

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Lesung mit Julian Reichelt

„Wo ich auch immer hingehe – flüchtende Menschen kommen mir entgegen.“

 

Kriegsreporter Julian Reichelt las zusammen mit Schülern der Wolfgang Borchert Gesamtschule  unter der Leitung von Renata Lindemann vor zahlreichen interessierten Hörern aus seinem Buch „Kriegsreporter“ und stellte sich im Anschluss einer anregenden Diskussion.

„…Stell dich mitten in den Regen – glaub an seinen Tropfensegen – spinn dich in das Rauschen ein – und versuche gut zu sein… „, dieser Vers aus einem Gedicht Wolfgang Borcherts leitete über zu den Ausführungen des Autors über Krieg, Vertreibung und Katastrophen des 21. Jahrhunderts. Schüler und Autor führten das Publikum in ihrer Lesung  zu den Schauplätzen des Geschehens, den Tschad, Afghanistan und den Irak und vermittelten ihm einen aufregenden Einblick in den Kriegsalltag der Menschen. Die sich anschließende  Diskussion thematisierte den Kampf um Menschlichkeit, die Bewältigung von Verlust und Schmerz, aber auch die Faszination, die dieser Beruf auf den jungen Autor auch heute noch ausübt.

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Warum wird man Kriegsreporter? Wie hält man das aus? Gibt es moralische Grenzen bei der Betrachtung des Elends? Welche Spuren hinterlässt ein Beruf, der bis an die Grenzen treibt, die Lust auf neue Katastrophen weckt und zugleich demütig und bescheiden machen muss angesichts des alltäglichen Elends, das in den Medien nur unzureichend gespiegelt werden kann. Entstehe da nicht der Wunsch politisch tätig zu sein, mehr erreichen zu wollen?

Julian Reichel stellte sich den drängenden Fragen des überwiegend jungen Publikums mit erstaunlicher Offenheit. Nicht die Toten seien  es, die tiefsten Spuren in ihm hinterließen, sondern die Überlebenden mit ihrer Verzweifelung und ihrem Wunsch, das Leben fortzusetzen, egal was, ihnen angetan worden sei. Die Grenzsituation des Menschen sei es, die ihn fasziniere, – “Leben netto“ nennt er es -, denn in diesen  Situationen komme man den Menschen wirklich nahe und erfahre, was sie bewege, wie es ihnen gelinge, auch dann weiterzumachen, wenn alles verloren zu sein schiene. Die Hoffnung sei es, die bliebe. Am Ende eines langen Abends wurde so das Publikum  mit nachdenklichen Worten entlassen.